Losnummer: 50
Provenienz: ehem. Slg. E. Natanov; franz. Privatbesitz. - Mit einem Gutachten der Staatlichen Tretjakov Galerie vom 7. Februar 2003, von G. F. Kowalenko vom 11. März 2003 und von N. Filatoff/J. Chauvelin vom 3. November 2005. Materialanalysen wurden vorgenommen von der technischen Abteilung der Tretjakov Galerie unter der Leitung von L. I. Gladkova und M. V. Valiayeva (2003) sowie von dem Mikroanalytischen Labor Prof. Jäger, Bornheim (2002). - Das Werk wird in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis von Jean Chauvelin und Nadja Filatoff aufgenommen. - Ausstellungen: Les Maîtres de l´Avant-Garde Russe, Yaroslavi Art Museum, Israel 2003 (Kat. S. 195, Abb.). - Alexandra Exter, die Grand Dame der russischen Avantgarde, begann ihre künstlerische Laufbahn an der Kunstschule ihrer Heimatstadt Kiew. Sie ging daran anschließend nach Rom und Paris, wo sie mit den wichtigen Kunstströmungen Westeuropas - Fauvismus, Kubismus und Futurismus - in Kontakt kam. 1908 hatte sie zusammen mit den Brüdern Burljuk, Michail Larionow und Natalia Gontcharova eine erste spektakuläre Ausstellung in St. Petersburg. In den darauffolgenden Jahren entstanden ihre kubofuturistischen Kompositionen. Als sie 1915 nach Moskau übersiedelte, kam sie durch Malevitch mit der suprematistischen Malerei in Berührung und entwickelte eine ungegenständliche, geometrisierend-dynamische Malweise. Bis zu ihrer Emigration nach Frankreich im Jahr 1924 war sie eine der bekanntesten Künstlerinnen in ihrer Heimat, die auch von den progressiven Kräften der jungen Sowjetunion geschätzt und mit Aufträgen versehen wurde. "Die Werke Alexandra Exters wanderten von Kiew nach St. Petersburg, Odessa, Paris, Moskau, Riga und Brüssel. Überall waren ihre Kiewer Stadtansichten bekannt." (D. Horbachov, in: "Avantgarde und Ukraine", Ausst.-Kat. München 1993, S. 62). Das vorliegende Werk reiht sich ein in die Gruppe jener großartigen Städtebilder, die um und nach 1910 entstanden sind und ihren Platz in den wichtigen Sammlungen und Museen der Welt gefunden haben. Zum Zeitpunkt der Entstehung teilte sich Exter in Paris ein Atelier mit dem italienischen Maler Ardengo Soffici in der Rue Boissonnade. Das Miteinander im selben Raum führte zu einem spannungsvollen Dialog der beiden Künstler und schlug sich auch in ihren Werken nieder. Soiffici hielt sich oft in Florenz auf, gelegentlich begleitete Alexandra Exter ihn. Beide waren fasziniert von der florentinischen Architektur, deren Elemente in abstrahierter Form Eingang in die Formensprache ihrer Malerei finden. Sie streben danach, die Physiognomie der Stadt in ihrer Malerei festzuhalten. In den Städtebildern von Exter und Soffici werden die architektonischen Elemente und Räume aufgelöst und in einer Synthese aus Licht, Farbe und Form verdichtet. Wichtige Beispiele dafür sind Sofficis Gemälde "Sintesi della citta di Prato" von 1912/13 und das große Florenzbild von Alexandra Exter in der Moskauer Tretjakow-Galerie.
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