Sibylle Bergemann in der Berlinischen Galerie  |  | Sibylle Bergemann, Birgit, Berlin 1984 | |
Die Berlinische Galerie widmet sich aktuell dem fotografischen Werk Sibylle Bergemanns. Über vier Jahrzehnte hinweg schuf die Berlinerin ein vielseitiges Konvolut aus Stadt-, Mode- und Porträtaufnahmen, letztere insbesondere von Frauen und Hunden. Im Rahmen ihrer fotografischen Tätigkeit bereiste Bergemann zahlreiche Länder und Orte von Dakar über Moskau, New York, Paris bis zum Senegal. Die Retrospektive „Stadt Land Hund“ ermöglicht anhand von über 200 Fotografien, von denen 30 zum ersten Mal gezeigt werden, einen Einblick in die Arbeit der Künstlerin zwischen 1966 und 2010. Nach sechs chronologischen und thematischen Kapiteln zum Schaffen Bergemanns schließt die Schau mit Bildern Ost-Berliner und internationaler Kolleg*innen, darunter Arno Fischer, Ute Mahler, Roger Melis und Michael Weidt ab, die das soziale und künstlerische Umfeld der Fotografin spiegeln.
Sujets ihrer Arbeiten waren einerseits architektonische Widersprüche des Berliner Stadtbildes, wie das abgerissene historische Amtsgericht und die moderne Glasfassade des „Hauses des Lehrers“, und andererseits die sozialen Milieus der Bevölkerung. Sibylle Bergemann gelang es, ihre eigene Bildsprache jenseits des parteilich verordneten Bildkanons zu behaupten, ohne dafür ein Veröffentlichungsverbot zu erhalten. Inspiration fand sie unter anderem bei den französischen Fotografen Eugène Atget und Edouard Boubat. Bei ihren Aufnahmen von Katharina Thalbach, Nina und Eva-Maria Hagen, Maria Voigt oder Meret Becker wählte Bergemann ein alltägliches Umfeld, wie eine Straße oder ein Café, und legte den Fokus auf den Ausdruck und eine individuelle Pose der Dargestellten.
In den Jahren 1975 bis 1986 begleitete Bergemann die Entstehung des Berliner Marx-Engels-Denkmals mit und besuchte den Bildhauer Ludwig Engelhardt mehrfach in seinem Atelier auf Usedom. Ihre endgültige Serie „Das Denkmal“ ist durch Detailaufnahmen fragmentierter Körper, geometrischer Formen und vielfältiger Materialien charakterisiert. Die Ansicht der am Kran hängenden Friedrich-Engels-Figur wurde von den Medien später häufig als Sinnbild für das Ende der DDR verwendet. Nach der Wiedervereinigung beteiligte Bergemann sich an der Gründung der Fotoagentur „Ostkreuz“, deren Mitglieder sich vereint für ihre Selbstständigkeit im westlichen Betrieb und ihre eigenen Bildrechte einsetzten. Ab den 1990er Jahren arbeitete Bergemann unter anderem für das „Zeit-Magazin“, den „Stern“ oder das „New York Times Magazine“. Anschließend war sie ab 1997 für das Magazin „Geo“ tätig, für das sie erstmals farbige Bildreportagen im Jemen, in Ghana, Mali und Portugal anfertigte.
Geboren 1941 in Berlin, wollte Sibylle Bergemann bereits im Alter von 15 Fotografin werden. Zunächst absolvierte sie jedoch ab 1958 eine kaufmännische Ausbildung und war als Sekretärin tätig. 1965 begann sie, für die Berliner illustrierte Monatszeitschrift „Das Magazin“ zu arbeiten. Dort lernte sie den Fotografen und ihren späteren Lebenspartner Arno Fischer kennen, der an der Hochschule für bildende und angewandte Kunst in Weißensee unterrichtete, und machte eine fotografische Ausbildung. Ab 1967 war Bergemann als freiberufliche Fotografin für Zeitschriften wie „Sonntag“ und „Sibylle“ tätig. Zwischen 2005 und ihrem Tod 2010 lehrte Bergemann als Dozentin an der Fotoschule Fotografie am Schiffbauerdamm und der Ostkreuzschule für Fotografie.
Die Ausstellung „Sibylle Bergemann. Stadt Land Hund. Fotografien 1966 – 2010“ ist bis zum 10. Oktober zu sehen. Die Berlinische Galerie hat mittwochs bis montags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt regulär 10 Euro, ermäßigt 6 Euro. Begleitend zur Schau erscheint ein Katalog im Hatje Cantz Verlag für 48 Euro.
Berlinische Galerie
Alte Jakobstraße 124-128
D-10969 Berlin
Telefon: +49 (0)30 – 78 902 600 |