Ältestes Kirchner-Selbstporträt bei Sotheby’s  |  | Ernst Ludwig Kirchner, Selbstbildnis mit Pfeife, 1907 | |
Sotheby’s versteigert in London das älteste bekannte Selbstporträt Ernst Ludwig Kirchners. Das Gemälde aus dem Jahr 1907, das mit seiner sprühenden Farbigkeit und dem dicken Pinselduktus exemplarisch für die frühe Malweise des deutschen Expressionisten steht, kommt am 29. Juni unter den Hammer. Zuletzt war das bewegte „Selbstbildnis mit Pfeife“ im sommerlichen Garten 1981 auf dem Kunstmarkt zu haben, heute soll das erste der nur 25 Selbstbildnisse des Künstlers 8 bis 12 Millionen Pfund einspielen. Die kleine, rund 50 auf 40 Zentimeter messende Leinwand demonstriert die frühe Verbundenheit Kirchners mit der Kunst von Vincent van Gogh. 1905 formierte Kirchner gemeinsam mit seinen Studentenkollegen Erich Heckel, Fritz Bleyl und Karl Schmidt-Rottluff in Dresden die Künstlergruppe Brücke. Die Maler einte der Wunsch nach einer ursprünglichen, farbenfroh-abstrahierenden und ausdrucksstarken Formensprache. Von ihrem geistigen Urvater Vincent van Gogh waren im Gründungsjahr in Dresden 50 Gemälde in einer Ausstellung zu sehen. Die Werke hinterließen einen derart tiefen Eindruck bei den jungen Künstlern, dass Emil Nolde, als er 1907 die Gruppe im Streit verließ, ausrief: „Ihr solltet euch nicht Brücke, sondern van Goghiana nennen.“
Zu den weiteren Highlight der Londoner „Modern & Contemporary Evening Auction“ zählen untern anderem eine flirrende Ansicht des kleinen Dorfes Vétheuil an der Seine von Claude Monet. Die pittoreske Sommerlandschaft aus dem Jahr 1880 ist auf 10 bis 15 Millionen Pfund angesetzt und dürfte damit andere impressionistischen Arbeiten wie etwa Pierre-Auguste Renoirs frühlingshafte Stadtvedute „Place de la Trinité“ (Taxe 4 bis 6 Millionen GBP) und Camille Pissarros „Vue de Bazincourt, inondation, soleil couchant“ weit überflügeln (Taxe 1,5 bis 2 Millionen GBP). Als Bildhauer beteiligt sich Rembrandt Bugatti mit dem 76 Zentimeter langen bronzenen „Éléphant d’Asie (mendiant)“ an der Auktion. Die 1908 entworfene Skulptur des äußerst lebensnah und neugierig-verspielt wirkenden Dickhäuters könnte bei einer Taxe von 900.000 bis 1,2 Millionen Pfund durchaus in den sechsstelligen Bereich vordringen. Einzig vier weitere Güsse des Werkes existieren.
Dass August Strindberg nicht nur Schriftsteller, sondern auch progressiver Maler war, beweist seine Leinwand „Welle V“ von 1901. Die pastose raumauflösende Malerei nimmt Tendenzen der Abstraktion vorweg, die erst Jahre später einsetzen sollten (Taxe 2 bis 3 Millionen GBP). Auch deutsche Künstler haben sich prominent unter die Auktionsteilnehmer gemischt, allen voran Gerhard Richter, der die fotorealistisch verschwommene „Wolkenstudie“ von 1970 aus der Werkgruppe der „Wolkenbilder“ für 6 bis 8 Millionen Pfund zur Verfügung stellt. Darum gruppieren sich mit dem „Kleinen See Hafen“ von 1937 ab 850.000 Pfund aufwärts und der „Vogelkomoedie“ von 1919 für 600.000 bis 800.000 Pfund zwei träumerische Nachtvisionen von Paul Klee, genauso wie Andreas Gurskys am Computer komponierte Fotografie „Chicago, Board of Trade III“ für mindestens 800.000 Pfund oder zum gleichen Pries die auf dem Kopf stehenden „2 Pappeln“ von Georg Baselitz aus dem Jahr 1975. Teuerste Werk soll bei 12 bis 18 Millionen Pfund Andy Warhols spätes „Self Portrait“ von 1986 mit wilder Perücke in schwacher Fliederfarbe werden. |