Villa Stuck präsentiert Gustav Mesmers „Erfinderwahn“  |  | in der Ausstellung „Gustav Mesmer. Der Ikarus vom Lautertal“ | |
Die Villa Stuck in München widmet in diesem Sommer dem bislang nur wenig bekannten Künstler und Erfinder Gustav Mesmer eine Sonderausstellung. Unter dem Titel „Der Ikarus vom Lauertal“ zeigt das Kuratorenduo Stefan Hartmaier und Anne Marr Zeichnungen, Skizzen, Fotos und Texte des 1903 geborenen Gustav Mesmer. Sein Lebenstraum klingt so verrückt wie simpel: Die Konstruktion einer mit Muskelkraft betriebenen Flugmaschine. Dieses Ziel verfolgte Mesmer seit 1928 mit schier unendlicher Energie. Dabei entstanden auch etliche Flugfahrräder und Schwingenflügel, von denen noch einige erhalten sind. Seine Fluggeräte verließen jedoch nie den Boden der Physik. Aber Erfolg war für Mesmer scheinbar nie der Schlüssel zum Erlebnis. Der Glaube an die Machbarkeit einer Idee war Antriebsfeder und persönliche Herausforderung zugleich. Mit dieser emsig-unmöglichen Einstellung scheint es, als sei sein Leben selbst zu einer Art konzeptionellem Kunstwerk geraten.
Geboren in Oberschwaben, geht Gustav Mesmer früh von der Schule ab und schlägt sich als Handlanger auf Gutshöfen durch. Sechs Jahre lebt er auch im Benediktinerkloster Beuron, bevor er 1929 mit 26 in einer Dorfkirche eine wirre Predigt hält, die die Gemeinde veranlasst, einen Arzt herbeizurufen, der Mesmer eine „Schizophrenie bei einem von Hause aus schwachsinnigen Menschen“ attestiert. Der Beginn eines Irrtums, der für den „Wahnsinnigen“ eine Odyssee durch psychiatrische Anstalten bedeutete. Eingewiesen und zurückgezogen ist Mesmer ganz seiner Idee vom Fliegen ausgeliefert. Er fertigt zahlreiche Zeichnungen von Fluggeräten, Flugdrachen und Gleitern jeglicher Art an. Vielfach bunt koloriert, wirken die Blätter wie Teile eines Kinderbuches, und ist es auch just der naive und reine Glaube an die Machbarkeit dieser Entwürfe, der diesen Zeichnungen einen so frohen und unbeschwerten Charakter verleiht.
1964 kommt Gustav Mesmer frei und wird aus der Psychiatrie „entlassen“. Er ist nun 60 Jahre alt und kann daran gehen, seinen Traum vom Fliegen zu verwirklichen. Aus Holz, Papier, Pappe, Draht, Blech und Schnüren, kombiniert mit Regenschirmen und Fahrrädern, entwickelt er verschiedene Fluggerätschaften, die allesamt vor allem eines gemeinsam haben – sie können nicht fliegen. In der Münchner Ausstellung schaffen es einige der erhaltenen Geräte vielleicht zum ersten Mal überhaupt in die Luft, dank der kreativen Inszenierung der Kuratoren. Wie vielseitig der Ideenreichtum von Gustav Mesmer war, demonstrieren neben den aufgehängten Flugapparaten auch selbst gebaute Musikinstrumente, Sprechmaschinen und Möbel des Oberschwaben. Die Ausstellung ist in dieser Breite auch eine Erinnerung an die Kraft der menschlichen Imagination und den zivilisatorischen Erfindungsdrang, dem ein Schuss kindlicher Naivität sicherlich nie schaden kann.
Die Schau „Gustav Mesmer. Der Ikarus vom Lautertal“ läuft vom 12. Mai bis zum 10. Juli. Die Villa Stuck hat dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr sowie jeden ersten Freitag im Monat bei freiem Eintritt bis 22 Uhr geöffnet. Regulär kostet das Ticket 9 Euro, ermäßigt 4,50 Euro. Für Jugendliche bis 18 Jahre ist der Besuch kostenlos. Das Buchen eines Online-Tickets wird empfohlen.
Museum Villa Stuck
Prinzregentenstraße 60
D-81675 München
Telefon: +49 (0)89 – 45 55 510 |