Verschollenes Schiele-Frühwerk aufgetaucht  |  | Egon Schiele, Leopold Czihaczek am Klavier, 1907 | |
Das Leopold Museum in Wien kann ein wiederentdecktes Gemälde Egon Schieles als Dauerleihgabe präsentieren. Das Portrait „Leopold Czihaczek am Klavier“ von 1907 soll nach seiner Säuberung und Restaurierung in die Dauerausstellung „Wien um 1900“ integriert werden. Es galt rund 100 Jahre als verschollen, hing bisher in einer Privatsammlung, war nur durch Vorstudien und über eine Schwarzweiß-Fotografie bekannt und überraschte mit seinem guten Erhaltungszustand. So weist das Gemälde noch den Originalrahmen mit alter Nagelung auf.
„Leopold Czihaczek am Klavier“ zeigt den Onkel und Vormund Egon Schieles. Czihaczek, der von 1842 bis 1929 lebte, war wohl auch der Auftraggeber. Schiele malte ihn kurz vor seinem 17. Geburtstag im verlorenen Profil, so dass der Betrachter auch die Notenblätter sehen kann. Durch den dunkel gekleideten Oberkörper betont der Maler die hellen Hände und das Antlitz mit weißem Haar. Der Spieler ist auf die in Augenhöhe angebrachten Notenblätter konzentriert. Die dominanten dunklen Töne des Vordergrundes, das dunkle Jackett und der angeschnittene schwarze Flügel finden eine Auflockerung durch das helle Licht des Fensters mit den fliederfarbenen Vorhängen. Der Pinselstrich ist stark vom fedrigen Duktus der Impressionisten geprägt, so dass auch die dunklen Partien immer wieder durch hellere Farbnuancen aufgelockert werden.
Da der Vater von Egon Schiele früh 1905 starb, kam er 1906 in die Obhut seines angeheirateten Onkels Leopold Czihaczek, den Schiele zwischen 1907 und 1908 mehrmals portraitierte. Czihaczek war Ministerialrat und Oberinspektor der Kaiser Ferdinands-Nordbahn der k.k. österreichischen Staatsbahnen. In seiner Wohnung in der Zirkusgasse in der Wiener Leopoldstadt befand sich ein großes Musikzimmer mit zwei Klavieren. Die Provenienz des Bildes ist lückenlos: Nach Leopold Czihaczek ging es an Gustav Huber, den Czihaczek nach dem frühen Tod der Eltern ebenfalls finanziell unterstützte. Dort blieb es bis zu Hubers Tod im Jahr 1945. Seitdem befand es sich in österreichischem Privatbesitz. Das Leopold Museum plant, das Gemälde als NFT zu verkaufen, um mit den Einnahmen die Restaurierung und im Idealfall auch den Erwerb zu finanzieren. |