Nina Canell in Berlin  |  | in der Ausstellung „Nina Canell. Tectonic Tender“ | |
Die Berlinische Galerie widmet sich seit dem Wochenende der Schwedin Nina Canell, die in ihrem künstlerischen Tun Prozesse, Synergien und Verflechtungen untersucht. So thematisiert sie in ihrer Ausstellung „Tectonic Tender“ Schnittstellen zwischen Mineralien, Tieren, Energien und Technologien. Mit der begehbaren, multisensorischen Installation „Muscle Memory“ möchte Canell auf die Lebendigkeit des Materials Kalzit verweisen. Der Boden des Ausstellungsraumes ist mit sieben Tonnen Muschelschalen bedeckt, die betrachtet, sogar angefasst werden können sowie unter dem Körpergewicht der Besucher nach und nach zerbrechen. Aus gemahlenen Muscheln gewonnener Kalzit wird zur Herstellung von Beton verwendet und ist damit ein wesentlicher Rohstoff für die Architektur, die uns umgibt. Die multisensorische Arbeit lädt dazu ein, über die ehemaligen Körper nachzudenken, die uns in Form von gebauter Materie täglich umgeben.
Die zweigeteilte Videoarbeit „Energy Budget“ entstand zusammen mit Canells langjährigem Kooperationspartner Robin Watkins. Zum einen verfolgt das Video in Nahaufnahme den Weg einer Leopardenschnecke, die sich langsam über ein stillgelegtes elektrisches Schaltgehäuse bewegt. Ihre gleitenden Muskelbewegungen erscheinen wie eine Visualisierung von Stromflüssen. Der zweite Teil des Films wurde am Telegraph Bay in Hongkong gedreht. Die Gebäude dort weisen portalförmige Öffnungen auf, die den in den Bergen hausenden Drachen eine Passage durch die dichten Wohnblöcke zum Meer ermöglichen sollen. Canell nutzt für die Arbeit Zeit und Zirkulation als bildhauerische Mittel. Die Sequenz beginnt mit einem Blick auf die scheinbare Leere als Verweis auf den Weg des Drachens und entfernt sich dann mittels einer druckluftgesteuerten Linse immer weiter von der Öffnung. Daneben zeigt die Ausstellung mehrere skulpturale Arbeiten, darunter auch Fragmente von Untersee-Strom- und Fernmeldekabeln.
Nina Canell wurde 1979 im schwedischen Växjö geboren und lebt heute in Berlin. Die Künstlerin studierte am Dún Laoghaire Institute of Art, Design and Technology in Dublin. Ihre Werke sind unter anderem in der Bundessammlung zeitgenössischer Kunst, dem französischen Fonds national d’art contemporain, dem Kiasma Museum in Helsinki oder der schwedischen Nationalsammlung zu finden. Unter zahlreichen Auszeichnungen erhielt Canell beispielsweise 2009 ein Stipendium der Künstlerhäuser Worpswede oder den Ars Viva-Preis des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft 2010/11. Die Künstlerin nahm an den Biennalen in Venedig, Sydney, Lyon, Gwangju und Liverpool sowie an Einzel- und Gruppenausstellungen in Gent, New York, Seoul, London, Berlin und Kassel teil.
Die Schau „Nina Canell. Tectonic Tender“ läuft bis 22. August. Die Berlinische Galerie hat täglich außer dienstags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt regulär 10 Euro, ermäßigt 6 Euro. An jedem ersten Sonntag im Monat ist der Eintritt frei, ebenso für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahre. Begleitend zur Schau erscheint im Mai eine Publikation, die sich ausführlich mit der Installation „Muscle Memory“ beschäftigt.
Berlinische Galerie
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