Österreichische Kunstpreise vergeben Die Wiener Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer hat die diesjährigen Träger des Österreichischen Kunstpreises sowie des Hans-Hollein-Kunstpreises für Architektur bekanntgegeben. In der Sparte Bildende Kunst geht er an das Anfang der 1990er Jahre gegründete und mit Ali Janka, Tobias Urban, Florian Reither und Wolfgang Gantner besetzte Kollektiv Gelatin/Gelitin, das für die ungebrochene Begeisterung für die Kunst selbst stehe. Wesentliche Merkmale ihrer Praxis bilden die Verschmelzung von Architektur und Skulptur sowie der Einfluss dadaistischer Elemente. Dafür nehmen die vier häufig gefundene oder recycelte Stoffe als Ausgangsmaterial her. Charakteristisch für die Arbeit von Gelatin ist auch die Einbindung der Betrachter*innen in die Inszenierung, die spielerisch animiert werden, an den Werken teilzuhaben und so neue Kunsterfahrungen und -erkenntnisse zu sammeln.
Gerald Domenig wird für seine „Künstlerische Fotografie“ geehrt. Der 1953 geborene Villacher, der in Frankfurt am Main lebt, arbeitet bevorzugt mit Fotografie, Zeichnung und Schreiben und hat daraus ein durch formale Strenge und thematische Offenheit geprägtes Œuvre geschaffen. In Hinblick auf eine Konstruktion von Wirklichkeit verwendet Domenig Zeichnung und Fotografie diametral entgegengesetzt. Die Zeichnungen sieht er als Entwürfe für seine Fotografien: Während er die Arbeit mit dem Bleistift als eine Annäherung an die Welt begreift, sind die meist schwarzweißen Fotografien nicht bloß ein Abbild der Realität. Sie sind immer mehr als das: eigenständige Bilder einer Situation, eines Ortes. Gerald Domenig versteht Fotografie als Technik der Bildkonstruktion, der Überführung von Raum in die Fläche, als Auflösung des Abgelichteten ins Bild.
Als Medienkünstler*innen werden Christa Sommerer und Laurent Mignonneau geehrt. Sommerer studierte zunächst Biologie und Botanik, bevor sie an die Akademie der bildenden Künste in Wien in die Bildhauereiklasse wechselte. Mignonneau absolvierte in Frankreich ein Studium der angewandten Kunst und der Video- und Computergrafik. Beide besuchten das Institut für Neue Medien an der Städelschule in Frankfurt bei Peter Weibel und agieren seit 1992 gemeinsam an der Schnittstelle von Kunst, Naturwissenschaft und Technologie. Auf der Basis von Simulationen zu künstlichem Leben entwickeln Sommerer und Mignonneau kreative Environments zur Interaktion und beteiligen die Besucher*innen am Werkprozess. Die Konfrontation von realen und virtuellen Systemen fordert eine bewusste Interaktion und verdeutlicht die Wechselwirkung und Kooperation beider Modelle. Derzeit sind beide als Professoren an der Kunstuniversität in Linz beschäftigt und führen dort das 2004 gegründete Department für Interface Culture im Institut für Medienkunst.
Der Hans-Hollein-Kunstpreis für Architektur geht an den 1925 in Wien geborenen Günther Feuerstein. Geehrt wird der Jahrhundert-Chronist als „Sprachrohr der visionären Architektur“. Er habe deren radikale Kraft als Teil der Bewegung analysiert, gelehrt und weitergetragen. So hätten seine Publikationen über inzidente und visionäre Architektur den Blick auf die österreichische Architekturgeschichte verändert und sie international kontextualisiert und positioniert. Zudem hat Feuerstein in seiner Lehrtätigkeit den Brückenschlag zur Kunst gesucht und einige der international erfolgreichen Architektinnen und Architekten Österreichs mitgeprägt. In seiner eigenen architektonischen und urbanistischen Arbeit hat er Experiment und Alltag verknüpft.
Den Österreichischen Kunstpreis in der Sparte Kulturinitiativen sprach die Jury dem Offenen Kunst- und Kulturhaus Vöcklabruck zu, das kultureller Nahversorger und Möglichkeitsraum für Zukunftsmodelle in der Region sei. Auf dem Areal eines alten Krankenhauses werden seit 2012 überregionale Impulse gesetzt und Zugänge zur Zeitkultur geöffnet. Der kulturelle Austausch und die Vielfalt zeitgenössischer Kunst bildeten ein Stück „urbaner Insel“ mit Ankerfunktion an der Vöckla. In der Kategorie Film erhält die 1967 geborene Billy Roisz die Auszeichnung, die sich seit den 1990er Jahren mit Video und Soundperformance beschäftigt und seither zu den fixen Größen in der experimentellen Szene Österreichs gehört. Ihr Schaffen, das auf internationalen Festivals oder in renommierten Museen wie der Tate Modern und dem Centre Pompidou zu sehen war, konzentriert sich vor allem auf die Verbindungen und Differenzen zwischen visueller und auditiver Wahrnehmung.
Erstmals vergeben wurde der Kunstpreis in der Sparte Darstellende Kunst und ging an die Tanzenthusiasten Karl Regensburger und in Memoriam an den im April verstorbenen Ismael Ivo. Der 1954 in Wien geborene Regensburger startete seine Karriere Anfang der 1980er Jahre als Manager beim damaligen Tanzforum und holte den brasilianischen Tänzer Ismael Ivo als Gastlehrer an die Institution. Gemeinsam gründeten sie 1984 die Internationalen Tanzwochen Wien, aus denen 1988 die weltweit renommierte Veranstaltung „ImPulsTanz-Festival“ hervorging. Die 1963 geborene Tirolerin Barbara Hundegger, studierte Germanistin, Philosophin und Theaterwissenschaftlerin, wird als Schriftstellerin ausgezeichnet, in der Sparte Musik die gleichaltrige E-Violinistin und Komponistin Mia Zabelka.
Die mit jeweils 15.000 Euro dotierten Österreichischen Kunstpreise gehen an etablierte Künstlerinnen, Künstler und Institutionen für ihr Gesamtwerk und werden jährlich vom Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport zuerkannt. Mit der Auszeichnung sollen ein facettenreiches Kunstschaffen, ein umfassendes Œuvre und die kontinuierliche inhaltliche Weiterentwicklung der künstlerischen Arbeit gewürdigt werden. Die Auswahl der Preisträgerinnen und Preisträger erfolgt durch unabhängige Expertenjurys, eine Bewerbung ist nicht möglich. Die diesjährigen Preise werden im Rahmen eines Festakts Anfang Dezember überreicht. |