Hamburg im Fotofieber: Vor vier Jahren fand die 1999 von der Hamburger Fotografie-Legende F.C. Gundlach gegründete Triennale der Photographie mit Ausstellungen in nahezu allen Hamburger Museen und Galerien zum bisher letzten Mal statt. 200.000 Besucher haben sie damals gesehen. Im Juni startet nun die sechste Ausgabe der Megaschau. Zwecks weiterer Schärfung des Profils wurde der international ausgerichtete, polnische Fotospezialist Krzysztof Candrowicz, Jahrgang 1979, zum künstlerischen Leiter bestimmt. Erstmals hat die Phototriennale damit einen externen Kurator. Unter dem Bibelmotto „The Day Will Come“ stellt er das Thema Zukunft in den Fokus. „In der Fotografie dreht sich eigentlich alles um die Vergangenheit“, sagt Candrowicz. „Wir nehmen die Herausforderung an, die Zukunft mit den Mitteln der Fotografie vorauszusagen.“ Welche Rolle spielt die künstlerische Fotografie in einer durch Handybilder, Selfies und soziale Netzwerke visuell übersättigten Gesellschaft? Aktuellen Fragen wie dieser will die Phototriennale auf den Grund gehen.
Die Gruppenschau „When There Is Hope“ zu den Themen Identität und Emigration ist in der Hamburger Kunsthalle zu sehen. Die Werke stammen überwiegend aus der Sammlung der Deutschen Bank. Viele Fotokünstler setzen sich in der Schau mit ihrer eigenen Migrationsgeschichte, aber auch ganz allgemein mit den Lebensbedingungen von Flüchtlingen auseinander. Mit dabei sind etwa die indische Künstlerin Dayanita Singh, die Chinesin Cao Fei und der Albaner Adrian Paci. Momente der Hoffnung, Utopien und die Suche nach dem eigenen Ich in einer fremden Welt prägen die inhaltlich stark aufgeladenen Fotografien dieser Schau.
Das Museum für Kunst und Gewerbe zeigt die ambitionierte Fotoausstellung „When We Share More Than Ever“ mit rund 200 historischen Exponaten und Werken von zehn zeitgenössischen Künstlern wie Nobuyoshi Araki, Terry Richardson oder Taryn Simon. In zehn Kapiteln geht es hier um das Teilen und Sammeln von Bildern. Esther Ruelfs, die Fotokuratorin des MKG, spannt den Bogen weit: von historischen Studioaufnahmen bis hin zu Portalen wie Facebook und Twitter.
Der Kunstverein in Hamburg wiederum beschäftigt sich im Rahmen der Triennale mit der Relevanz von fotografischen Bildern und Abbildern innerhalb des zeitgenössischen Kunstdiskurses. In den sechs Kapiteln ihrer Schau „The Day Will Come – When Photography Revises“ entwickelt Direktorin Bettina Steinbrügge zusammen mit ihrer Co-Kuratorin Amelie Zadeh ganz unterschiedliche Fragekomplexe. Aktualität und Zukunft der Fotografie mit ihren Möglichkeiten, aber auch Grenzen stehen im Zentrum dieser intellektuell aufgeladenen Schau über das Denken in Bildern. Unter anderem mit dabei sind Harun Farocki, Dirk Stewen, Josephine Pryde und Tris Vonna-Michell.
Unter dem Titel „The Day Will Come When Man Falls“ widmet das Haus der Photographie in den Deichtorhallen Phillip Toledano eine große Einzelausstellung. Der 1968 geborene und in New York lebende britische Fotograf gibt damit dem Leitmotiv der Triennale „The Day Will Come“ eine eher pessimistische Wendung. 160 Arbeiten aus teilweise nie zuvor gezeigten Serien sind hier versammelt, außerdem sechs Kurzfilme und ein gerade erst fertig gestellter Dokumentarfilm. International bekannt geworden ist Toledano mit der Serie „Days With My Father“, in der er die letzten drei Lebensjahre seines an Alzheimer erkrankten Vaters mit der Kamera begleitete. Das bedrängte Individuum im Zeichen von Bedrohungsszenarien und apokalyptischen Vorstellungen vom Ende der Menschheit rückt Phillip Toledano gekonnt in den Fokus. Ergänzt wird diese Schau durch eine Kabinettausstellung mit rund 50 Porträts aus der Sammlung von F.C. Gundlach.
Die Ausstellungen der Phototriennale werden von einem zehntägigen Festival mit Workshops, Talks, Vorträgen und Screenings flankiert. Nach dem Vorbild des Partnerfestivals „Photoville“ in Brooklyn, New York, bildet ein Containerdorf auf dem Vorplatz der Deichtorhallen den Treffpunkt. Hier soll vom 18. bis 28. Juni über das Medium Fotografie diskutiert und debattiert werden. Veranstaltungen werden tagsüber in dichter Taktung angeboten – nach so viel inhaltlicher Auseinandersetzung darf aber abends auch ausgiebig gefeiert werden.
Das Festival zur Triennale der Photographie findet vom 18. bis zum 28. Juni statt, die meisten Ausstellungen sind den ganzen Sommer über zu sehen. |