Cyprien Gaillard  
Wenn Cyprien Gaillard eine ihm bislang unbekannte Stadt zum ersten Mal besucht, führt ihn sein erster Weg nicht unbedingt zu den dortigen Hot Spots des zeitgenössischen Kunstbetriebs. Eröffnungen in hippen Galerien, Künstlerpartys oder In-Lokale? Alles zu seiner Zeit. Um die spezifische DNA und die typischen Erzählmuster einer Stadt zu ergründen, besucht Gaillard zunächst einmal ihre archäologischen, anthropologischen, geologischen oder naturkundlichen Museen. „Ich habe ein ganz allgemeines Interesse an Artefakten und Fragmenten, und zumindest in der westlichen Welt ist das Thema Archäologie ja auch immer eng mit dem Thema Kolonialismus und der Frage »Warum ist das überhaupt hier?« verbunden“, erklärte er 2011 in einem Interview mit Susanne Pfeffer, der Künstlerischen Leiterin der KW Institute for Contemporary Art in Berlin, sein tiefschürfendes Interesse an den Hinterlassenschaften früherer Generationen. Was sagt das, was man vor 100 oder 150 Jahren für erhaltenswert gehalten hat, über unser heutiges Verhältnis zu außereuropäischen Kulturen aus? Gibt es ihn noch, den kolonialen Blick? Ist er vielleicht kaleidoskopartig gesplittet in eine Vielzahl bewusster oder auch unbewusster Gesten und Verhaltensmuster, die auch denjenigen großstädtischen Eliten innewohnen, die sich für weltoffen, liberal und aufgeklärt halten? ...mehr  |